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26. März 2024

Versorgung der Versicherten mit nicht zugelassenen, verkehrsfähigen Therapieallergenen

An
alle bundesunmittelbaren Krankenkassen
nachrichtlich
BMG
Aufsichtsbehörden der Länder
GKV-Spitzenverband

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Aufsichtspraxis haben wir festgestellt, dass es unterschiedliche Auffassungen zu der Frage gibt, ob (noch) nicht zugelassene, verkehrsfähige Therapieallergene zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegeben werden dürfen. Jüngst sind zwei Sozialgerichtsurteile ergangen, die die Verordnungsfähigkeit verkehrsfähiger Therapieallergene ohne Zulassung zu Lasten der GKV verneinen, sodass die Unsicherheiten zum Umgang in der Praxis verstärkt wurden.

Das BAS hat sich in Vergangenheit eingehend mit der Thematik befasst; für die Kostenübernahme zu Lasten der GKV von nicht zugelassenen, verkehrsfähigen Therapieallergenen gilt der folgende Rechtsrahmen:

Der Anspruch der Versicherten erstreckt sich gemäß § 31 SGB V auf die Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder durch Richtlinien von der Versorgung ausgeschlossen sind. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung fehlt es an der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Arzneimitteltherapie, sofern verordnete Arzneimittel nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedürfen, jedoch die Zulassung nicht erteilt worden ist. Sofern Arzneimittel nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedürfen, können daher grundsätzlich nur zugelassene Produkte zu Lasten der GKV abgegeben werden.

Durch die am 14. November 2008 in Kraft getretene Verordnung über die Ausdehnung der Vorschriften über die Zulassung der Arzneimittel auf Therapieallergene, die für einzelne Personen auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden, sowie über Verfahrensregelungen der staatlichen Chargenprüfung (TAV) erfolgte eine Ausdehnung der Zulassungspflicht gemäß Arzneimittelgesetz auf bestimmte Therapieallergene (§ 1 TAV). Ziel der TAV war sicherzustellen, dass für bestimmte Therapieallergene die Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit belegt und in einem Zulassungsverfahren überprüft werden.

Da zu erwarten war, dass die Zulassungsverfahren viel Zeit in Anspruch nehmen würden, die Produkte bis dahin aber weiterhin zur Versorgung der Patienten und Patientinnen zur Verfügung stehen sollten, wurde die Übergangsregelung (§ 3 TAV) geschaffen. Die von der Übergangsvorschrift erfassten Therapieallergene bleiben danach bis zur Entscheidung über die Zulassung weiterhin verkehrsfähig. Sie dürfen also bis dahin ohne Zulassung in den Verkehr gebracht werden.

Für die entsprechenden Zulassungsverfahren sieht § 3 Abs. 4 TAV eine Übergangsregelung vor, nach der die antragsstellenden Arzneimittelhersteller die Mängel in den vorgelegten Zulassungsunterlagen innerhalb eines Jahres abhelfen können. Die Frist kann von der zuständigen Zulassungsbehörde, dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI), um bis zu sieben Jahren verlängert wer-den, wenn dies zur Abhilfe mangelhafter klinischer Daten wegen der Eigenart der Therapieallergene erforderlich ist. Nach aktuellem Stand laufen die letzten vom PEI gewährten Fristverlängerungen im Jahr 2026 ab. Bis Ablauf dieser Frist sind die Therapieallergene verkehrsfähig. Diese Rechtslage kann nach Auffassung des BAS für eine Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV sprechen.

Aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage besteht für das BAS nach dem Grundsatz der maßvollen Rechtsaufsicht kein Handlungsbedarf. Das BAS wird vor diesem Hintergrund nicht gegen Krankenkassen seines Aufsichtsbereichs vorgehen, die auf die Einleitung von Arzneimittelregressverfahren verzichten.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Domscheit