Prüfung der Notwendigkeit von verordneten Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) nach § 33a SGB V
Aufsichtsbehörden der Länder
GKV-Spitzenverband
Ergänzung zum Rundschreiben vom 13. Juni 2023 „Prüfpflichten und -rechte der Krankenkassen bei der Abgabe von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) nach § 33a SGB V“ (10201#00004#0042)
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Nachgang zum Versand unseres o.g. Rundschreibens vom 13. Juni 2023, abrufbar unter www.bundesamtsozialesicherung.de/de/themen/krankenversicherung/rundschreiben/, stellen wir fest, dass hinsichtlich der Prüfung der Notwendigkeit von verordneten DiGA durch Krankenkassen noch Unklarheiten bestehen. Wir möchten daher unser vorgenanntes Rundschreiben ergänzen.
Im Rundschreiben wurde dargelegt, dass es den Krankenkassen grundsätzlich verwehrt ist, in die Verordnungsentscheidung des Arztes einzugreifen.
Krankenkassen stellen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V ihren Versicherten die im Dritten Kapitel des SGB V genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung. Sie haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden (§ 2 Abs. 4 SGB V).
§ 12 Abs. 1 SGB V regelt, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, eine gutachtliche Stellungnahme des MD einzuholen.
Die Gesetzesbegründung zu § 33a SGB V (BR-Drs. 360/19) lässt erkennen, dass die Kenntnisnahme der Krankenkasse von der ärztlichen Verordnung einer DiGA ursprünglich nicht beabsichtigt war. Die eigentlich beabsichtigte Vorgehensweise, wonach sich Versicherte mit ihrer DiGA-Verordnung direkt an den Hersteller wenden, spricht dafür, dass den Krankenkassen hier kein Genehmigungsrecht zuerkannt werden sollte. Prüfen Krankenkassen die Notwendigkeit einer verordneten DiGA, verhindert diese Prüfung die beabsichtigte schnelle und niedrigschwellige Zurverfügungstellung der DiGA.
In der Verwaltungspraxis erhalten die Krankenkassen in jedem Einzelfall Kenntnis von der ärztlichen Verordnung, weil die Versicherten den Freischaltcode für die verordnete DiGA bei der Krankenkasse gegen Vorlage der Verordnung erhalten. Hat eine Krankenkasse im Hinblick auf § 12 SGB V im Einzelfall begründete Zweifel an der Erforderlichkeit oder Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Verordnung, besteht für sie die Möglichkeit, die ärztliche Verordnung auf deren Notwendigkeit hin vom MD nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V prüfen zu lassen. Eine regelhafte Überprüfung, z.B. von Folgeverordnungen, ist jedoch nicht zulässig. Soweit aktuell verwendete Verordnungsverfahren auf den Regelungen nach § 67 Abs. 3 SGB V beruhen und die Krankenkassen im Rahmen der Verfahren Verordnungsdaten vor der Abrechnung erhalten, erwächst ihnen auch aus § 67 Abs. 3 SGB V grundsätzlich kein materielles Prüfrecht.
Erfolgt seitens der Krankenkasse die Einschaltung des MD, können weitere Unterlagen durch die Krankenkasse angefordert werden. Nach § 276 Abs. 2 Satz 2 SGB V sind die Leistungserbringer jedoch verpflichtet, versichertenbezogene Daten, die bei dem Leistungserbringer von der Krankenkasse oder dem MD für eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung u.a. nach § 275 Abs. 1 SGB V unter Nennung des Begutachtungszwecks angefordert wurden, unmittelbar an den MD zu übermitteln. Insofern müssen ggf. erforderliche zusätzliche ärztliche Unterlagen unmittelbar dem MD zugeleitet werden und dürfen von der Krankenkasse nicht eingesehen werden.
Wir bitten Sie, die in diesem Rundschreiben sowie auch die im Rundschreiben vom 13. Juni 2023 dargestellte Rechtslage zu beachten und - sofern erforderlich - Ihre Arbeitsanweisung entsprechend anzupassen. Bitte lassen Sie uns bisspätestens zum 26. Februar 2024 eine aktuelle Fassung Ihrer Arbeitsanweisung unter dem o.g. Aktenzeichen zukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Domscheit