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09. Mai 2023

Verfahrensweise bei der Zustimmung von Vorstandsdienstverträgen

An
die Vorsitzenden der Verwaltungsräte der bundesunmittelbaren Ersatzkassen, Innungskrankenkassen und Betriebskrankenkassen
nachrichtlich
GKV-Spitzenverband
Verband der Ersatzkassen e.V.
BKK Dachverband e.V.
Gemeinsame Vertretung der Innungskrankenkassen e.V.

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch im Jahr 2023 wird das für die Zustimmung der Vorstandsdienstverträge zuständige Referat 112 im Bundesamt für Soziale Sicherung erneut vor die Herausforderung gestellt, eine Vielzahl von Vorstandsdienstverträgen - im vergangenen Jahr wurden 70 formelle Zustimmungsbescheide erlassen - nach den aktuell geltenden Bewertungsmaßstäben zeitnah zu überprüfen und gemäß § 35a Absatz 6a SGB IV zu genehmigen.

Um einen reibungslosen Ablauf der Zustimmungsverfahren für die Vorstandsdienstverträge zu gewährleisten, möchten wir Ihnen Hinweise zu dem Ablauf sowie zu der Vereinfachung des Verfahrens mitteilen und auf folgende Punkte aufmerksam machen:

1. Berücksichtigung neue Bewertungsmaßstäbe

Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder haben im Rahmen der 100. Aufsichtsbehördentagung vom 11. bis 12. Mai 2022 eine Anpassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 35a Absätze 6 und 6a SGB IV hinsichtlich der Zahlung von Übergangsgeld, der Berücksichtigung von Beitragszuschüssen zur berufsständischen Versorgung sowie der Absicherung des biometrischen Risikos „Krankheit“ beschlossen. Da bei der Zustimmungsfähigkeit von Vorstandsdienstverträgen somit neue Bewertungsmaßstäbe gelten, bitten wir im Nachgang zu unserem Rundschreiben vom 5. Juli 2022 bei der Erarbeitung der vertraglichen Regelungen nochmals um Berücksichtigung der überarbeiteten Fassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 35a Absätze 6 und 6a SGB IV samt Anlagen mit Stand vom 11. Mai 2022, die auf der Internetseite des Bundesamtes für Soziale Sicherung unter https://www.bundesamtsozialesicherung.de/de/service/rundschreiben/detail/default-6d3b3f3bf8/ eingesehen und heruntergeladen werden kann.

2. Angebot einer Vorprüfung
Das Bundesamt für Soziale Sicherung möchte auch zukünftig sein Angebot einer Vorprüfung der beabsichtigten Neufassung von Vorstandsdienstverträgen bzw. Vertragsänderungen aufrechterhalten, um das Zustimmungsverfahren abzukürzen und grundsätzliche Fragestellungen im Vorfeld klären zu können. Um Ihnen hierbei beratend behilflich zu sein, sind wir auf Ihre Mitwirkung angewiesen.

Eine für alle Beteiligten vorteilhafte Vorprüfung ist nur möglich, wenn Sie uns frühzeitig in das Verfahren einbinden und einen Vertragsvorentwurf vor dem eigentlichen Zustimmungsverfahren gemäß § 35a Absatz 6a SGB IV übersenden. Für den Bearbeitungslauf im Referat 112 sind aufgrund der Vielzahl der Vertragsüberprüfungen durchschnittlich 6 Wochen einzuplanen, da abhängig von dem Vertragsinhalt auch die jeweiligen Fachreferate im Hause zu beteiligen und interne Abstimmungen erforderlich sind. Der Zweck der Vorprüfung, d.h. eine gründliche Klärung der Zustimmungsfähigkeit neuer Vertragsregelungen, wird umso besser erreicht, je mehr Zeit für diese Prüfung zur Verfügung steht. Dies setzt vor allem eine weitgehende  Entzerrung der Vorprüfungszeiten von den späteren Terminen der Beschlussfassung über den Vorstandsdienstvertrag bzw. die Vertragsänderung im Verwaltungsrat voraus.

3. Beschlussfassung durch den Verwaltungsrat
Wir weisen im Hinblick auf die Beschlussfassung des Verwaltungsrates darauf hin, dass nicht nur die Wahl und die Abberufung des hauptamtlichen Vorstandes, sondern auch der Abschluss, die Verlängerung oder die Änderung eines Vorstandsdienstvertrages gemäß § 35a Absatz 6a SGB IV in öffentlicher Sitzung von dem Verwaltungsrat der Krankenkasse zu beraten und zu beschließen sind. Dies ergibt sich aus § 63 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 33 Absatz 3 Satz 2 SGB IV, wonach die Sitzungen des Verwaltungsrates öffentlich durchzuführen sind, soweit sie sich nicht mit personellen Angelegenheiten des Versicherungsträgers, Grundstücksgeschäften oder geheimhaltungsbedürften Tatsachen befassen.

Die Wahl des Vorstandes einer  rankenkasse ist öffentlich durchzuführen, da sie keine „personelle Angelegenheit des Versicherungsträgers“ ist, sondern einen Akt des Verfassungslebens des Versicherungsträgers darstellt. Denn durch die Wahl wird die Organstellung des Vorstandsmitgliedes begründet. Sie ist aber auch untrennbar mit der Begründung der dienstvertraglichen Stellung durch einen Anstellungsvertrag und dessen Änderungen verbunden. Die Kompetenz, einen Anstellungsvertrag mit dem gewählten Vorstandsmitglied abzuschließen, obliegt dem Verwaltungsrat als notwendige Annex-Kompetenz zur Wahl des Vorstandes. Dabei ist der Verwaltungsrat an dieselben Formen gebunden wie bei der Wahl der Vorstandsmitglieder. Mithin hat auch die Beschlussfassung über einen Vorstandsdienstvertrag,  ebenso eine sich daran anschließende Vertragsverlängerung oder -änderung, in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.

Der Ausschluss der Öffentlichkeit kann ausnahmsweise für Teile einer Sitzung des Verwaltungsrates geboten sein, wenn im Zuge der Beratung über die Wahl und die Abberufung sowie über den Abschluss, die Verlängerung oder die Änderung eines Vorstandsdienstvertrages persönliche Daten des hauptamtlichen Vorstandsmitgliedes offenbart werden, an deren Geheimhaltung die Person ein schutzwürdiges Interesse hat. Für die Beschlussfassung selbst ist die Öffentlichkeit sodann aber wiederherzustellen. Verstöße gegen das Öffentlichkeitsgebot führen wegen der herausragenden Bedeutung des Grundsatzes für die demokratische Selbstverwaltung zur Nichtigkeit von Beschlüssen.

Bei der Ausgestaltung und dem Abschluss des Dienstvertrages der Vorstände ist der Verwaltungsrat grundsätzlich in seiner Gesamtheit zuständig, § 33 Absatz 2 Satz 1 i. V. m. Absatz 3 Satz 1 SGB IV. Für die Delegation der Ausübung des Vertretungsrechtes auf die Vorsitzenden des Verwaltungsrates gemeinsam bedarf es nach Absatz 2 Satz 2 einer Bestimmung in der Satzung oder eines ausdrücklichen Verwaltungsratsbeschlusses im Einzelfall.

Lediglich die formal-rechtliche Umsetzung des Beschlusses des Verwaltungsrates über den Dienstvertrag des hauptamtlichen Vorstandsmitgliedes in Form der Unterzeichnung des Dienstvertrages kann unstreitig auf die Vorsitzenden des Verwaltungsrates delegiert werden, wobei Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertrages ist, dass beide Vorsitzenden gemeinsam unterzeichnen.

Wir möchten Sie bitten, dies bei der Vertragsausgestaltung der Vorstände zu beachten und uns neben einer Kopie der Beschlussunterlagen über die Wahl zum Vorstand auch eine Kopie der Beschlussunterlagen über den Abschluss des Vorstandsdienstvertrages bzw. der Vertragsänderung zukommen zu lassen.

4. Angabe aller Vergütungsbestandteile
Weiterhin sind wir für die Genehmigungsprüfung auf die vollständige und aktuelle Angabe der konkreten Aufwendungen für sämtliche Vergütungsbestandteile angewiesen - und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen beabsichtigten Abschluss, eine Verlängerung des Vorstandsdienstvertrages oder um eine Änderung des laufenden Vorstandsdienstvertrages handelt. Bei der Angabe der Informationen empfehlen wir, das als Anlage 2 zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift veröffentliche Veröffentlichungsmuster gem. § 35a Absatz 6 SGB IV zur besseren Übersichtlichkeit der Beitragsmittelverwendung für die Vorstandsvergütung heranzuziehen. Hierdurch ermöglichen Sie eine zügige Bearbeitung der Vertragsvorprüfung und vermeiden aufwändige Nachfragen.

5. Veröffentlichungspflicht der Vorstandsvergütungen Nach Durchsicht der Veröffentlichungen der im Jahr 2022 gezahlten Vorstandsvergütungen
im Bundesanzeiger ist aufgefallen, dass ungeachtet unseres letzten Rundschreibens vom 5. Juli 2022 und des mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 35a Absatz 6 und Absatz 6a SGB IV veröffentlichten Musters für die Veröffentlichung im Bundesanzeiger gemäß § 35a Absatz 6 Satz 2 SGB IV, Anlage 2 zur Verwaltungsvorschrift, vereinzelt nicht die korrekten Beträge bei den Aufwendungen für den auch privat nutzbaren Dienstwagen veröffentlicht wurden.

Nach der derzeit aktuell gültigen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 35a Absatz 6 und 6a SGB IV sind die Aufwendungen des Versicherungsträgers für ein unentgeltlich auch zur Privatnutzung überlassenes Dienstfahrzeug bei der Prüfung der Angemessenheit der Vorstandsvergütung pauschal in Höhe von ein Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat in Ansatz zu bringen. Die steuerliche Vergünstigung bei einem Elektro- oder Plug-In-Hybrid-Dienstwagen ist sowohl im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit bei einer Vergütungserhöhung (oder aber für einen neuen Vertrag) als auch für die Veröffentlichung im Bundesanzeiger nicht relevant.

Wir möchten Sie daher bitten sicherzustellen, zukünftig im Bundesanzeiger ausschließlich den jährlich aufzuwendenden Betrag des geldwerten Vorteils  ntsprechend der steuerrechtlichen  Ein-Prozent-Regelung zu veröffentlichen. Nur noch bei bereits laufenden Verträgen, denen vor Einführung dieser Regelung zugestimmt worden ist, ist die Angabe der jährlichen Leasingkosten möglich. Die korrekte Veröffentlichung der Beträge für jeden einzelnen ergütungsbestandteil ist für die Erstellung der zum 1. Juli eines jeden Jahres zu aktualisierenden Gesamtvergütungstrendlinie zwingend erforderlich.

Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass bei der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in der letzten Spalte die Summe aller Vergütungsbestandteile korrekt berechnet wird.

Bei Fragestellungen sind wir Ihnen selbstverständlich behilflich und beraten Sie weiterhin gerne.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. (Thorsten Schlotter)